Wir Menschen urteilen ständig über Sachverhalte und Dinge. Es ist kaum möglich, sich zu einer Sache neutral zu verhalten. Meist begründen wir unser Urteil aber nicht, sondern lassen uns von Voreinstellungen und Vorurteilen leiten.
Wenn wir ein politisches Urteil formulieren, dann soll dieses Urteil aber anderen Ansprüchen genügen. Damit andere unser Urteil nachvollziehen können, ist es nötig die Argumente rational zu begründen und öffentlich auch zu vertreten. Die Auseinandersetzung mit den Argumenten führt auch dazu, dass wir unser Urteil überdenken. Ein politisches Urteil ist immer nur vorläufig. Neue Argumente können zu einem neuen Urteil führen.

Um von einem spontanen Urteil zu einem rational begründeten Gesamturteil zu kommen, müssen wir strukturiert vorgehen. Dazu verschaffen wir uns einen ersten Überblick über das Thema und stellen Kriterien auf, die uns helfen, die Argumente zu strukturieren. Wir beschaffen uns relevante Informationen und werten diese anhand der Kriterien aus. Dieser Prozess ist dabei nicht einseitig. Während wir neue Informationen analysieren, können wir möglicherweise neue Kriterien gewinnen. Haben wir uns ein angemessenes Bild über die Sachlage gebildet, sollten wir die Argumente zu Detailurteilen verknüpfen. Durch die Gewichtung der Detailurteile kommen wir dann zu einem Gesamturteil.

Auswahl der Kriterien
Ein politisches Urteil muss auf zwei Ebenen – oder in zwei Kategorien –bewertet werden: dies sind Effizienz (Zweckrationalität) und Legitimität (Wertrationalität).
Unter Effizienz versteht man eine Zweck-Mittel-Relation: Ist ein bestimmtes Mittel bestmöglich geeignet, um einen bestimmten Zweck zu erfüllen? Kriterien, die auf dieser Ebene liegen sind: Wirtschaftlichkeit, Schnelligkeit, Durchsetzbarkeit, Genauigkeit, usw.
Die Kategorie Legitimität richtet sich nach Werten. Werte sind schwieriger zu quantifizieren, daher spricht man hier auch von einer weichen Rationalität. In der Regel besteht Einigung, welche Werte grundsätzlich als positiv zu werten sind. Sobald diese aber operationalisiert werden sollen und im Konflikt zu anderen Werten stehen, endet die Einigkeit. Werte werden in einer Gesellschaft in gewissem Maße ständig neu ausgehandelt. Deshalb gibt es auch hier wieder die Forderung nach einer Erläuterung der eigenen Argumente. Eine gewisse Orientierung bieten die verbindlichen Kataloge wie das Grundgesetz und die allgemeinen Menschenrechte.

Auch wenn die Kategorie „Legitimität“ weicher ist, bedeutet das nicht, dass man auf sie verzichten könnte. Beide Kategorien müssen für ein vollständiges Urteil verknüpft werden. Bei einem politischen Urteil gehört es dazu, dies öffentlich zu vertreten.